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S4G x XTND: Valve Deckard gegen den VR-Abschwung – kommt ein neuer Alyx-Moment?

In unserer gemeinsamen Kolumne stellen Dod von XTND und Josef von Space4Games jeden Monat dem jeweils anderen eine These vor, die es zu beantworten gilt. Im August geht es bei Josef um Valve Deckard.


Wird Valve mit dem Deckard-Headset das Ruder noch einmal in Richtung VR herumreißen können? Oder ist Virtual Reality von Anfang verdammt gewesen, eine Nische zu bleiben, wird Half-Life: Alyx auch in Zukunft der einsame Goldstandard für VR-Games bleiben? Konzerne wie Meta schwenken zu Smart Glasses und langfristig Augmented Reality, damit entfällt viel VR-Förderung. Reicht es, wenn Valve, Pimax und co. sich um VR-Hardware kümmern, um auch in Zukunft interessante VR-Games zu bekommen oder bleibt uns VR eher in Aus- und Weiterbildung erhalten?

Josef darf reagieren – mehr von ihm findet ihr bei Space4Games und Heise.de:

Spannende Frage – oder besser gesagt: Spannender Fragenkatalog, den Dod mir da präsentiert hat.


„Deckard“ gegen den VR-Abschwung – Kann Valve den nächsten Boom auslösen?

Während Meta seine Quest-Strategie zugunsten leichter Smart Glasses aufgibt, arbeitet Valve offenbar an einer Premium-VR-Brille. „Deckard“ soll autark laufen, PC-VR kabellos ermöglichen und mit High-End-Technik punkten. Reicht das, um Virtual Reality wieder ins Rampenlicht zu bringen, oder bleibt VR-Gaming ein exklusives Nischenvergnügen?

Virtual Reality war lange Zeit ein Liebhaberprojekt einiger weniger, bis der damalige Facebook-Konzern 2020 mit der „Oculus“ Quest 2 ein erster Schritt in den Massenmarkt gelang. Angekurbelt von einer Pandemie, Ausgangsperren und der damit verbundenen Langeweile, erreichte die Standalone-VR-Brille ein ungeahnt großes Publikum. Mehr als 20 Millionen Geräte sollen im Umlauf sein. Drei Jahre und einige Namensänderungen später erschien schließlich die Meta Quest 3 und wiederum ein Jahr später die kleine Schwester Quest 3S. Die Verkaufszahlen des Vorgängers erreicht die Quest 3 allerdings bei Weitem nicht. Auch mit der schon fast lächerlich günstigen Quest 3S ist es Meta bis heute nicht gelungen, Virtual Reality nachhaltig zu dem zu machen, was ursprünglich geplant war: einen ähnlichen Erfolg wie das Smartphone zu erzielen. Selbstverständlich gab es schon immer eine leichte Diskrepanz zwischen Mark Zuckerbergs Ambitionen und der Lebensrealität der Menschen da draußen, aber das ist ein anderes Thema.

Fast Forward 2025 und wir stehen vor der gleichen Frage, die wir schon am Ende des ersten VR-Booms in den Neunzigern stellen mussten: Ist Virtual Reality dazu verdammt, für immer in einer Nische gefangen zu sein? Ich fürchte, ja – wobei „für immer“ vielleicht etwas hart ist. Meta selbst scheint zumindest mittlerweile in Sachen Hardware anderen Primärzielen hinterherzujagen. Die Quest 4 muss sich vorerst hinten anstellen. Stagnierende Verkaufszahlen, gigantische Investitionskosten und ein kaum wachsendes Ökosystem haben den in den vergangenen Jahren wichtigsten Treiber für Virtual Reality zum Umdenken gebracht. Meta hat die Quest-Reihe mittlerweile von der Prestige- zur Nebenrolle degradiert. Statt auf immersive VR-Erlebnisse setzt der Konzern nun auf ultraleichte Smart Glasses und Mixed-Reality-Brillen für den Medienkonsum. Eine Quest 4? Frühestens 2027 – falls überhaupt.

Metas Fokus liegt nicht mehr auf der Frage, wie ein Headset den Massenmarkt erobern könnte, sondern welches Gerät sich als universelle Schnittstelle zwischen Mensch und digitalem Alltag etabliert. Das VR-Erlebnis, wie es Blockbuster wie Asgard’s Wrath 2 oder Batman: Arkham Shadow liefern – körperlich, fordernd, immersiv – passt momentan nicht mehr in die Vision und muss Platz machen für Neues. Meta plant erstmal mit Geräten wie „Loma“: Brillen mit schmalem Sichtfeld, ohne Controller, dafür mit Blicksteuerung, konzipiert für virtuelle Monitore und holografische Meetings, nicht für Spielspaß im klassischen Sinne.


Hoffnungsschimmer für Enthusiasten

Die technische Forschung geht aber durchaus weiter. Metas neueste Prototypen zeigen, dass extrem hohe Pixeldichten, ultradünne holografische Linsen und Sichtfelder von bis zu 180 Grad zumindest im Labor möglich sind. Dabei setzt Meta sowohl auf KI-gestützte Bildkorrekturen als auch auf komplexe optische Systeme. Doch all diese Entwicklungen firmieren unter dem Label „Zeitmaschine“, nicht „Produkt“. Was als Machbarkeitsstudie beginnt, endet selten im Ladenregal. Dennoch sollten wir diese Veröffentlichungen als Chance verstehen, dass zumindest Teile dieser Studien ihren Weg in künftige VR-Headsets finden. VR ist also auch bei Meta nicht tot. Nur die Zeit ist gerade nicht reif für Neues.

VR-Fans blicken deshalb schon seit Monaten sehnsüchtig nach Bellevue zu einem früheren Heilsbringer. Auch, wenn sich Valve bisher nicht offiziell dazu geäußert hat: Der Steam-Betreiber werkelt an einer neuen VR-Brille. Das inoffiziell als „Deckard“ bekannte Headset soll – wenn die zahlreichen Leaks stimmen – ein autarkes, leistungsstarkes VR-System werden, das sich sowohl für kabelloses PC-VR als auch für native Anwendungen eignet. Mit SteamOS als Betriebssystem, Eye-Tracking, Mixed-Reality-Kameras und neuen ringlosen Controllern könnte Valve die durch den scheinbaren Rückzug von Meta entstandene Lücke schließen. Einziges Problem ist der Preis: Die voraussichtlich anfallenden 1.200 US-Dollar sind eine klare Ansage an Enthusiasten, nicht an Gelegenheitsspieler. So wird das nichts mit dem Massenmarkt.


Das Alyx-Dilemma

Ich bin mir beinahe sicher, dass Valve mit Deckard eine der besten VR-Brillen aller Zeiten auf den Markt bringen wird. Schon allein deshalb, weil sich Gabes Baby keinen Aktionären verantworten muss, und sich einen Ruf erarbeitet hat, ausnahmslos ausgereifte Produkte auf den Markt zu bringen (wir vergessen jetzt einfach mal, dass es die Steam Machines je gegeben hat). Doch Valve kann und will seine Geräte nicht in einer Größenordnung subventionieren, wie Meta es tut. Qualität hat ihren Preis, aber ein hoher Preis stellt für die meisten Menschen auch eine hohe Hürde dar. Immerhin – bietet Deckard tatsächlich auch einen leistungsstarken Standalone-Modus, entfallen zumindest schon Mal die Kosten für einen High-end-Rechner als Zuspielgerät.

Dennoch sind 1.200 Dollar kein Pappenstiel und ohne VR-Brillen mit großen Absatzzahlen wird es schwierig, jemals noch einen ähnlichen Hochkaräter wie Half-Life: Alyx zu erleben (sofern Deckard nicht gleich mit Alyx 2 im Gepäck kommt). Entwickler und Publisher (vielleicht mit Ausnahme von Meta und Valve) stecken ihre Ressourcen nicht in Projekte, die viel Zeit und Geld kosten, aber wenig Gewinn versprechen. Dass Valve mit Alyx bereits 2020 demonstriert hat, was VR spielerisch leisten kann, ist deshalb Fluch und Segen zugleich. Bis heute wurde dessen Niveau kaum wieder erreicht. Die Kombination aus spannender und großartig inszenierter Story, glaubwürdiger Physik, natürlichem Horror und präziser Interaktion bleibt ein Ausreißer, nicht der Beginn einer Serie.

Und genau hier liegt das Dilemma. Selbst wenn ein neues VR-Spiel wie Alyx käme, wäre es wieder die Ausnahme. Es würde erneut nur sehr wenige Titel in ähnlicher Qualität nach sich ziehen und es würde erneut das bekannte VR-Henne-Ei-Problem befeuern: ohne Markt keine Software, ohne Software kein Markt. Meine Hoffnung liegt deshalb darauf, dass Valves nächstes VR-Headset – in Kombination mit qualitativ hochwertiger Mixed Reality und der nicht zu unterschätzenden Möglichkeit, „normale“ Steam-Spiele auf der virtuellen Leinwand spielen zu können – mehr Käufer findet, als ich befürchte. Und vielleicht springt Valve über seinen Schatten und bietet ein paar kleine Anreize für Entwickler, hochwertige VR-Spiele exklusiv für Steam zu entwickeln.

Eine Frau mit AR-Brille von Meta sitzt auf einem Sofa und betrachtet ein transparentes Programmfenster

VR ist tot – es lebe VR!

Wenn Valve „Deckard“ tatsächlich auf den Markt bringt, geht es nicht nur um ein weiteres Headset, sondern um die Vision, dass VR mehr sein kann als ein Nischengerät für Enthusiasten. Doch ohne gezielte Investitionen in Inhalte und eine klare Positionierung bleibt das Risiko, dass auch „Deckard“ nur ein weiteres Liebhabergerät für eine kleine Zielgruppe wird.

VR ist nicht tot, es ruht sich nur aus. Aber sein Comeback hängt von wenigen mutigen Akteuren ab. Ob Valve dazu gehört, wird sich bald zeigen.

Mehr Texte von Josef gibt es bei Space4Games und Heise.de

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Ein Kommentar

  1. Steam Machines wurden nicht von Valve vertrieben. Das waren keine Valve Produkte. Das waren Mini PCs mit Steam Aufkleber.
    Das war ein Versuch Konsolenspieler zu erreichen. Heute sähe so ein Versuch wahrscheinlich ganz anders aus.

    Tja VR hat ein Softwareproblem. Ich bin seit 2016 in VR mit der CV1 eingestiegen und bin mangels Spiele die mich interessieren so gut wie raus aus VR Gaming. Meine Quest 3 habe ich nur noch weil ich ab und zu mal Minigolf spiele und sehr oft die ganzen VR Mods zum Spielen nutze. Ohne UEVR und diverse andere Mods hätte ich die VR Brille sicherlich schon verkauft.

    Ich freu mich aber auf eine Valve Brille weil ich die Quest gerne loswerden möchte. Ich möchte Meta nämlich nicht unterstützen.

    VR ist nicht tot aber es geht ihr nicht sehr gut. Wenn das nciht mehr wächst und stagniert oder sogar schrumpft dann könnte das wirklich schwierig werden.

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