Mitunter wird über die optische Qualität von Spielen auf autarken VR-Headsets die Nase gerümpft – PS3-Niveau, Augenkrebs, warum baut da nicht endlich einer was mit richtig Leistung? Physik schüttelt den Kopf.
Das mit der kopfschüttelnden Physik bedeutet natürlich nicht, dass es nie Headsets mit mehr Leistung geben wird. Es bedeutet aber, dass wir mit aktuellen Fertigungsprozessen und unseren momentanen technischen Möglichkeiten mit starken Kompromissen leben müssen.
In einer Meta Quest 3 beispielsweise arbeitet der Qualcomm Snapdragon XR2 Gen2, eine Abwandlung des von Highend-Androidphones bekannten Snapdragon 8 Gen 2, der Prozessor ist aber in enger Zusammenarbeit mit Meta entstanden. Wie immer bei einem System on a Chip (SoC) befinden sich nicht nur Recheneinheiten und Grafik auf dem Chip sondern auch zahlreiche spezialisierte Einheiten, beispielsweise für die Ansteuerung der zahlreichen Kameras.

Gegenüber dem XR2 Gen1, der in der Quest 2 oder der Vive XR Elite zum Einsatz kommt, bietet die zweite Generation deutlich mehr Rechen- und Grafikleistung und optimierte Spezialchips für höhere Auflösungen und geringere Latenzen. Der für Energieaufnahme und Chipkomplexität wichtige Fertigungsprozess wurde von 7 auf 4 nm Strukturbreite geschrumpft.

Trotzdem benötigt der XR2 Gen2 mit 7,5 Watt gut doppelt so viel Strom wie der XR2 Gen1 mit 3,8 Watt. Beim Design neuer SoCs müssen die Hersteller immer gut austarieren, ob sie den Gewinn, der durch eine kleinere Fertigung entsteht, in mehr Leistung oder weniger Energieaufnahme investieren. Beim Gen2 war es ganz offensichtlich die Leistung.
Ihr ärgert euch über die knappe Akkulaufzeit der Meta Quest 3? Das hängt stark mit dem leistungshungrigeren Prozessor zusammen. Zudem bedeutet eine höhere Energieaufnahme auch mehr Abwärme, die abgeführt werden muss.
Also jedes Jahr einen schnelleren Prozessor verbauen, wie im Smartphonebereich? Der Akku müsste entsprechend mitwachsen. Klar, auf dem Hinterkopf ist bei Meta noch viel Platz, bald würde aber auch das nicht mehr reichen.
Akkus mit deutlich höherer Energiedichte sind ebenfalls nicht am Horizont erkennbar, so dass wir also mit der Technik leben müssen, die wir haben.
Apple macht es bei der Vision Pro daher anders: Dort sind Recheneinheit und Akku aus der Brille ausgelagert. Der Nachteil: Es hängt ein Rechenklotz an einem Kabel herum. Gleiches plant Meta wohl auch beim Project Puffin, der ultraleichten MR-Brille, die die Quest 4 ersetzen soll.

Ein Gewicht von 110 Gramm wäre mit Recheneinheit und Akku in der Brille nur dann realisierbar, wenn beides deutlich geschrumpft werden würde. Mit heutiger Technik würde das weniger Leistung und weniger Laufzeit bedeuten. Der Rechen-Puck ist daher ein Kompromiss, der dem Stand der Entwicklung geschuldet ist.
Übrigens arbeitet im Puck der Vision Pro ein Apple M2-Chip, der ebenfalls die einem XR2 grundlegende Prozessortechnik von ARM nutzt – aber massiv aufgemotzt und deutlich stromhungriger. 20 Watt genehmigt sich der M2 wenn er darf – er kann aber auch heruntergetaktet mit geringerer Leistung arbeiten. 20 Watt, das bedeutet auch eine nicht unerhebliche Abwärme, die man ungerne am Kopf spüren will.

Aber wie wäre es mit einer VR-Brille mit der Leistung des Steam-Decks? Der 6nm-Prozessor im Valve-Handheld genehmigt sich zwischen 4 und 15 Watt und bringt dafür eine beachtliche Leistung. Für VR ist der Chip trotzdem nicht unbedingt geeignet – x86-Prozessoren sind etwas weniger effektiv als ARM-Rechenkerne beispielsweise und die integrierte Grafikeinheit ist mit höheren Auflösungen überfordert. Zudem fehlen dem AMD-Prozessor die Spezialchips für Kameraverwaltung und VR/MR-Features.
Was aber denkbar ist: Mit kleineren Fertigungsprozessen werden kommende Chips schneller und im Idealfall sparsamer. Nur dauert so eine Entwicklung, weshalb wir zumindest kurzfristig keine sensationellen Leistungssprünge erwarten sollten – jedenfalls keine, die nicht mit Kompromissen wie einem Kabel-Puck einhergehen.
Ein Blick in die Vergangenheit macht aber Mut: Die Grafikleistung, die heute in einem Steam-Deck steckt, gab es vor einigen Jahren nur in dicken Desktop-PCs, die zudem 10-20x so viel Strom gefressen haben.

Und mit neuen Chips wie Strix Halo bringt der Prozessorhersteller inzwischen sogar die Leistung von aktuellen Einstiegsgrafikkarten direkt in einen SoC, wie er in Handhelds oder eben auch VR-Hardware genutzt werden könnte während Qualcomm in den Markt für Windows- und Linuxnotebooks eindringt.
Es bleibt also spannend, ärgert euch aber vielleicht nicht zu sehr über aktuelle VR-Grafik autarker Headsets – was eine Meta Quest 3 da aus den nicht mal 10 Watt des XR2 Gen2 kitzelt, ist angesichts dessen sehr beeindruckend. Und jetzt starte ich Red Matter 2 und staune selbst.
“average user” interessiert es nicht warum das so ist. Es ist so, und es gefällt sehr oft nicht. Die Sehgewohnheiten sind im Gamingbereich bei den Core Usern halt anders als das was man bei dem Mobilen VR Headsets serviert bekommt.
Dabei geht es ja nicht mal nur um die Optik, sondern auch um das Levelesign und das Gameplay das total eingeschrenkt wird durch die relative schwache Hardware.
Red Matter ist ein super poliertes Abenteuerspiel das toll auf der Quest Läuft, weil es eben nur sehr kleine Levelabschnitte hat. Aber das klappt halt nicht bei allen Spielegenres und lässt sich nicht grundsätzlich anwenden für alles.
Solange der Aufbau von einem Headset nicht grundlegend anders gestaltet wird So wie auslagern von Komponenten an den Hinterkopf, als Puck an den Gürtel/Hosentasche oder in die Cloud. Genau solange wird sich an dem grundlegenden Design und den technischen Limitierungen nichts ändern. Für die einen passt das, für andere ist das zu wenig. Und so lange wird mobile VR auch nicht in die ganz breite Masse kommen. Da werden aus meiner Sicht auch Tricks wie Framegeneration, Eyetracking oder Resolution upscaling nicht nennenswert etwas ändern, denn bis auf Eyetracking gibt es die Tricks auch bei Flat games.