Smart Glasses sind gerade groß im Kommen und mit AR steht schon die nächste Technologiestufe vor der Tür. Allen gemein sind viele Sensoren, die sich theoretisch für eine Rundumüberwachung eignen. Wie schlimm ist es wirklich?
Wir sind hier bei XTND ja doch sehr offen für neue Technologien und stürzen und mit Begeisterung in brandaktuelle Testgeräte und Vorab-Berichterstattungen. Bei all der Euphorie ist es nicht immer leicht, auch die potentiell negativen Seiten der Geräte zu sehen, umso wichtiger ist es aber, sich dessen bewusst zu sein.
Meta beispielsweise verkauft zwar nicht primär Hardware, die Hardware, die sie verkaufen, bestand in letzter Zeit aber aus auffällig vielen AI Smart Glasses wie den Meta Ray Ban. Neu dazugekommen sind die Oakley-Brillen, die ebenfalls Meta-Technik mitbringen. Und wir tippen: Das ist erst der Anfang mit einer noch fast lächerlich schlecht ausgestatteten ersten Generation smarter Brillenmode.
Immer mehr Sensoren bei smarten Brillen
Schon die Nachfolger der nur auf Audio-Interaktion setzenden Meta-Brillen mit dem Codenamen Hypernova werden zumindest ein kleines Display ins Sichtfeld bringen und damit die Möglichkeiten der Interaktion massiv erweitern. Noch weiter in der Zukunft liegen “echte” AR-Brillen wie Metas Projekt Orion, die das Potential haben, Smartphones zu beerben.
Damit diese Brillen sinnvoll einsetzbar sind, müssen sie ein wenig von der Umwelt mitbekommen. Und weil wir es gewohnt sind und die Kameras eh vorhanden sind, gehören Video- und Fotofunktionen ebenfalls zum Standard. Mikrofone hingegen nehmen nicht nur den Videoton auf sondern lauschen auch aufs AI-Keyword um Befehle entgegenzunehmen.
Denkbar sind in Zukunft noch weitere Sensoren, sofern sie energie- und platzsparend integriert werden können. AR-Brillen mit Nachtsichtfunktion dürften beispielsweise recht einfach zu entwickeln sein.
Als Google vor gefühlten Ewigkeiten mit Google Glass die ersten modernen Versuche einer interaktiven Brille auf den Markt brachte, beherrschte diese natürlich ebenfalls Fotoaufnahmen. Und daran schieden sich schnell die Geister: Die gestartete Aufnahme ist schwer als solche wahrzunehmen – gerade bei neuer Technik, von der die meisten Leute nicht einmal wissen, dass sie existiert. Es etablierte sich der Kampfbegriff “Glassholes” für Menschen, die allzu forsch mit der Brille filmten. Und dann für alle anderen Nutzer ebenfalls.
Meta Ray Ban im Selbstversuch: Bemerken andere Leute die Kamera?
Ich teste jetzt seit ein paar Wochen die Meta Ray Ban und nutze sie dafür auch regelmäßig im Alltag ein. Vergangene Woche begleitete sie mich auf einem Spaziergang durch Hamburg, den ich für einige Videoaufnahmen mit der Brille genutzt habe. Und tatsächlich hat so gut wie niemand Notiz von mir genommen. Ich würde aber wetten: Nicht, weil sie so begeistert waren, jetzt gefilmt zu werden, sondern weil sie es trotz blinkender LED nicht als Aufnahme erkannt haben.
Sollten die ersten Meta-Glassholes beziehungsweise potentiell schlüpfrige Videos von ihnen auftauchen, könnte das einen medialen Shitstorm geben. Doch was hilft da? Noch nervigere, sprich: auffälligere Benachrichtigungen?
Als Technik-Nerd weiß man im Zweifel, wie sich herausfinden lässt, ob Meta auch abseits des AI-Keywords das Mikro offen lässt, um ein wenig zu lauschen. Den meisten anderen dürften da eher Ängste der Rundumüberwachung in den Sinn kommen. Mit jedem weiteren Sensor können smarte Brillen besser und “klüger” werden, mit jedem weiteren Sensor wächst aber auch die Überwachungssorge.
Wir brauchen gesetzliche Regelungen – und Unternehmen, die sich an Gesetze halten (müssen)
Hier braucht es natürlich gesetzliche Regelungen, die auch streng überwacht werden müssen. Aber was, wenn die Regierung sich nicht mehr an Absprachen hält und dazu eine gewisse Paranoia entwickelt? Dass das passieren kann, hat nicht nur Deutschland im vergangenen Jahrhundert bewiesen, ein Blick in die USA ist ebenfalls besorgniserregend.
Ein Staat, der bereits flächendeckend genutzte Hardware als Spionageobjekte nutzt? Nun, dafür brauchen wir nicht erst auf Smart Glasses warten, Smartphones können das ebenfalls. Bei Smart-Brillen kommt aber ein Faktor dazu: Der First-Person-View, der theoretisch fremde Menschen live durch die eigenen Augen blicken lassen könnte.

Mir wurde bereits von Prüfungen berichtet, wo Smart Glasses zum Schummeln zum Einsatz kommen sollten – da werden Prüflinge in den kommenden Jahren und mit besserer Hardware sicherlich noch sehr kreativ. Zumal die KI ja jederzeit mithelfen kann, live dazugeschaltet. Bei Display-Brillen ist die Nutzung wohl noch offensichtlich, sich aber flott ein Foto der Aufgaben anfertigen und KI lösen lassen, klingt aber nicht so weit hergeholt und ist weniger offensichtlich als mit herausgefummeltem Smartphone.
Wenn es keine Regelungen für Smart Glasses gibt oder sich Firmen, Regierungen oder Personen nicht an diese halten und das ungestraft durchführen können, könnten Smart Glasses ein perfektes Überwachungsinstrument werden. Hacker könnten ebenfalls viel Spaß haben. Hoffen wir also, dass entsprechende Pornos in den nächsten Jahren eher von KI als von gehackten smarten Brillen (“sie lag wirklich nur auf dem Nachtschrank!”) stammen werden.
Überwachung durch Smart Glasses: Was können wir tun?
Was wir dagegen tun können? Nun, Datensicherheit ist immer ein Ding, schmeißt euch halt nicht die auf einem im Park gefundenen APKs aufs Gerät.. Wählt lieber demokratische Parteien als die, denen Verfassung oder Grundgesetz schon zu politisch korrekt sind. Seid keine Glassholes! Und sollte ein Unternehmen durch einen gewissen Überwachungsfetisch oder unsaubere Praktiken beim Verkaufen sensibler Daten auffallen: Vielleicht sind smarte Geräte von denen keine so tolle Idee. Tja, Meta, ich hab da schlechte Nachrichten..
Bester Artikel!!! Danke!
Ich bin Pessimist und bin Optimistisch das sich die Teile nicht durchstezen werden weil sie von der Bevölkerung nicht akzeptiert werden. Es braucht gar keine Politik dazu, denn die Menschen werden ein Gebrauchverbot von ganz alleine durchsetzen. Wir werden wie bei den Glassholes Schilder in vielen Bereichen sehen wo das Tragen der Brillen nicht gestattet ist und dann werden die Leute automatisch diese Brillen nicht mehr nutzen, weil es für sie sehr unpraktisch wird. Da bin ich mir ganz sicher.